{Designerin des Monats}

Wer im Internet nach der Vogelart Kolibri sucht, findet neben Beschreibungen wie “einzigartiger Flugstil” oder “Luftakrobaten” vor allem viele Bilder, die das wunderschöne Gefieder der kleinen Flugkünstler zeigen. Dass sie in so vielen Farben schimmern, liegt im Übrigen nicht an Pigmenten, sondern an der Struktur der Federn. Je nach Lichteinfall leuchten die Farben anders. 

Hinter dem Label “kolibri – by Johanna” steckt die Psychotherapeutin Johanna Böhme.
Foto: © Johanna Böhme

Leuchtende Farben, Struktur – das passt perfekt zum Thema Stricken. Und zu der Designerin Johanna Böhme, die als Namen für ihr Unternehmen “kolibri by Johanna” ausgewählt hat. Sie ist die erste, die wir in unserer neuen maschenfeinen Blogreihe “Designerin des Monats” vorstellen. 

Brainstorming mit Freunden 
 

“kolibri by Johanna” – das steht für Designs, die alle das gewisse Etwas haben. Sei es ein Pullover aus knalliger Wolle, dicke Träger zum Knoten eines Tops, Spannung im Strickprozess oder ein Modell, das beidseitig getragen werden kann. Hauptsache, es wird nicht langweilig. “Auf der Suche nach einem Namen für mein Stricklabel kamen meine Freunde darauf, dass ich immer gern etwas Neues schaffen möchte”, erzählt Johanna im Gespräch. Wie eben auch die Kolibris, die ein wendiges Flugmanöver nach dem anderen abhalten, um an frischen Nektar zu kommen. 
 

Angefangen hat bei Johanna alles mit der Oma. Auch in der Schule kam das Stricken vor. Im Gegensatz zu vielen anderen, die das Interesse an den Nadeln im Laufe des Erwachsenwerdens erst einmal verlieren, blieb Johanna dabei. “Das war jetzt nicht das coolste Hobby”, erinnert sie sich lachend, “aber ich habe es einfach gern gemacht.” Auch wenn in der Zeit nicht unbedingt “tragbare Sachen” entstanden seien, hat sich doch früh gezeigt: am besten selbermachen. 
 

Und das bezog sich nicht nur auf das Anfertigen von Kleidung an sich, sondern auch auf das Nutzen von Anleitungen. “Ich habe eigentlich nie nach Anleitungen gestrickt”, sagt die 30-Jährige. Stattdessen hat sie von Anfang an für sich selbst designt. Nach wie vor strickt die gebürtige Düsseldorferin sehr gern in Einzelteilen, auch wenn viele in der Strickwelt mittlerweile nahtlose Strickstücke bevorzugen. “Das weiß ich natürlich”, sagt Johanna und entwirft viele ihrer Modelle entsprechend nahtlos von oben nach unten.  

Piet Sweater
Es darf gern mal bunt sein. Wie zum Beispiel beim Piet Sweater.
Foto: © Johanna Böhme

Hauptberuflich Psychotherapeutin

Dass Johanna und ihr Label mittlerweile zu einer festen Größe in der Strickwelt geworden sind, liegt vielleicht auch daran, dass der Wunsch, auch im Hauptberuf kreativ zu sein, nie ganz aus ihrem Kopf verschwunden ist. Modedesign stand nach dem Abitur zum Beispiel im Raum oder eine Schneiderlehre. “Ich habe mal ein Praktikum in der Filmproduktion gemacht, aber es ist schwer, da wirklich Fuß zu fassen”, berichtet sie. So, wie es eben oft ist bei kreativen Berufen. Und dann ist da auch immer die Frage nach Sicherheit. Aus diesem Grund zog es die Düsseldorferin nach Marburg zum Psychologiestudium und schließlich zur Approbation – also zur staatlichen Berufsausübung für Heilberufe wie Arzt oder eben Psychotherapeut – nach Berlin.

Während der Ausbildung und in der Elternzeit hat das Stricken und Entwerfen von Anleitungen oft nebenbei stattgefunden. “Meistens abends auf der Couch”, erinnert sich Johanna. Vor kurzem ist sie mit ihrer Familie nach Saarbrücken gezogen, wo sie ab dem Sommer in einer Praxis arbeiten wird. Bis es soweit ist, widmet sie sich Vollzeit ihrem Strickunternehmen. 

In einer Anleitung steckt viel Zeit 

Wie es überhaupt zur Idee für ein Design kommt? Das ist ganz unterschiedlich. Mal hat sie eine Wolle, zu der sie sich etwas ausdenkt, mal ist es ein Muster, das sie entdeckt. “Ich würde sagen, dass ich einfach aufmerksam durch meine Umwelt gehe”, meint Johanna. Anschließend tüftelt sie drauf los und lässt bewusst auch Anfängerinnen teststricken. “Da werden einem Probleme bei Formulierungen ganz anders bewusst”, berichtet Johanna von ihren Erfahrungen. Trotzdem hat sie nicht den Anspruch, ausschließlich für Neulinge an den Stricknadeln zu entwerfen. Hilfe gibt es trotzdem, zum Beispiel in Form von Videos auf ihrer Homepage.  

Designs mit Wiedererkennungswert: Hier zum Beispiel der Claude Sweater.
Foto: © Johanna Böhme

Bei der Arbeit an ihren Anleitungen hat sich Johanna mittlerweile Unterstützung in Form von Tech-Editorinnen und Übersetzerinnen ins Boot geholt. Die fertigen Dateien gibt es dann nicht nur auf Deutsch und Englisch, sondern mitunter auch auf Französisch, Spanisch, Norwegisch oder sogar Koreanisch – entweder auf Johannas Homepage oder bei Ravelry. Rund 50 Arbeitsstunden stecken in einer Anleitung – “Und da sind noch keine Fotos oder Posts für Instagram enthalten”, ergänzt die Designerin. 
 

Bei so viel Aufwand und Leidenschaft stellt sich natürlich die Frage, ob “kolibri by Johanna” nicht doch etwas für den Hauptberuf ist? Wer weiß – Johanna ist sich da nicht sicher. Aber muss sie ja auch nicht. Vielleicht ist so eine Entscheidung wie ein Strickprozess: Am Anfang ist da eine Idee, man strickt los, muss vielleicht nochmal ribbeln und mitunter neu anfangen – aber am Ende ist es da, das fertige Strickstück. Wie auch immer es dann aussieht. 

Designer*in des Monats

Ab sofort stellen wir euch auf unserem Maschenfein-Blog Strickdesinger*innen genauer vor. Wer steckt hinter den tollen Anleitungen? Woher kommen die Ideen? Und wie ist überhaupt das Leben, wenn man Strickmodelle entwirft? Das alles erfahrt ihr dann in unseren Beiträgen. Ihr habt jemanden, über den ihr gern mehr erfahren möchtet? Dann schreibt uns eine Mail an “redaktion@maschenfein.de”.

Sophia

Über Sophia

Ich bin Sophia, lebe in Hannover und kümmere mich seit Oktober 2020 um die Blogbeiträge, den Newsletter, plane den Podcast und denke mir Aktionen für Social Media aus. Ganz nebenbei bin ich zufälligerweise auch stricksüchtig, was mir bei der Arbeit zugute kommt.

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2 Kommentare

Sabine

Super Idee für den Blog! Das ist immer interessant und Kolibri by Johanna mag ich sehr, da sie bunt und fröhlich designt.
Eine Frage: Erscheint dieser Blog dann auch auf Ravelry unter den Blogs, wie der Samstagskaffee auch? Ich guck sehr oft da nach den neuen Blogs und möchte diese Reihe nicht verpassen. 😍

Sophia

Liebe Sabine, vielen Dank für deine nette Rückmeldung! 🙂 Und ja, der Blogpost erscheint auch dort. Hab gerade nachgesehen und er ist dort angezeigt. Viel Freude weiterhin beim Lesen! Liebe Grüße, Sophia

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