Muss man Strickprojekte nach dem Abketten eigentlich wirklich unbedingt waschen und spannen? Oder liegend trocknen lassen? Was heisst das eigentlich, dieses Spannen? Und muss man das etwa nach jeder Wäsche tun?
Foto: aus meinem Grundlagenbuch “Stricken – Masche für Masche”,
Strickstücke spannen – wie und warum?
Das Thema “Spannen” ist durch unseren Zora-Knit-Along gerade in aller Munde. Das Tuch, dass zum Muttertag entstehen soll, muss am Ende gespannt werden, um erstens die volle Wirkung des Musters zu entfalten und aber auch zweitens, um auf die ganze Größe zu wachsen.
Als ich vor einigen Jahren (wieder) mit dem Stricken begann, begegnete mir dieser Begriff “Spannen” oder “Blocken” immer wieder und ich wusste nichts damit anzufangen. Man fand damals auch wenig darüber im Internet, ich wusste schlichtweg gar nicht, was genau ich tun sollte. Ich fand einige Artikel über das Spannen von Lace-Tüchern, da ich aber so gar kein Lace strickte, wusste ich nicht so recht, ob das DAS Spannen ist, was auch ich tun sollte.
Tücher spannen – vorher/nacher
Heute bin ich um einiges schlauer und weiß, dass
1) das Spannen überhaupt keine Hexerei ist, sondern eben genau das: Spannen eben. Und
2) dass nicht nur Lace-Projekte gewaschen und gespannt werden sollen (auch wenn der Effekt bei diesen Mustern sehr deutlich hervor tritt), sondern eben auch ganz einfach glatt rechts gestrickte Projekte.
Foto: Sandra Groll, Modellstrick vom Tuch Djuna für mein Buch “Noch mehr Tücher stricken”
Anhand des Beispiels auf den Bildern hier oben könnt Ihr den Effekt, den das Spannen auf ein Tuch auch ohne Lochmuster hat, sehr deutlich erkennen. Die beiden linken Bilder zeigen das Modell-Tuch “Djuna” aus meinem zweiten Tücher-Buch einfach direkt nach dem Abketten über die Puppe gehängt.
Nach dem Spannen seht Ihr dasselbe Tuch auf den zwei rechten Bildern. Und Ihr erkennt sicher deutlich den Unterschied: wie wunderbar glatt, sauber und ordentlich es nun aussieht und wie schön es gewachsen ist.
Üblicherweise gleicht sich das Maschenbild durch das Waschen und Spannen schön an, oft “flufft” das Garn (je nach Fasermaterial) schön auf, entfaltet sich, wird weich. Je nach Beschaffenheit des Garns.
Wie spanne ich Strickstücke richtig?
Und wie funktioniert das nun genau? Also was genau müsst Ihr nun tun? Sandra hat es Euch Schritt für Schritt fotografiert, als sie gerade Ihr Patchwork-Tuch fertiggestellt hat.
(1) bis (3): Weicht das Strickstück mit einem passenden Waschmittel Eurer Wahl (oder auch nur in lauwarmen Wasser) im Waschbecken ein. Passende Waschmittel stelle ich Euch weiter unten noch vor. So etwa 10 Minuten reichen aus. Das Stück sollte sich so richtig schön mit Wasser vollgesogen haben, Ihr könnt es auch länger im Becken liegen lassen, aber Achtung:
Farben können im ersten Waschgang ausbluten
Habt Ihr mit stark kontrastierenden Farben gestrickt, bleibt unbedingt daneben stehen und beobachtet, ob die Farben “ausbluten”. Färbt sich das Wasser stark, solltet Ihr es ablassen, das Strickstück unter dem laufenden Hahn weiter einweichen und dabei verhindern, dass die Farbe auf andersfarbige Abschnitte abfärbt.
Wasser sanft ausdrücken
(4) bis (5): Lasst dann das Wasser ab und wringt das Stück sanft aus, nehmt es aus dem Becken und breitet es (6) auf einem großen, schön trockenen Handtuch aus. Rollt es (7) in das Handtuch ein und drückt oder lauft (8) ordentlich darauf herum, um die Feuchtigkeit aufzusaugen.
Wenn Ihr Euer Strickstück nicht stark spannen möchtet (zum Beispiel bei Strickjacken, ohne Muster o.ä.), könnt Ihr sie nun einfach liegend in Form ziehen (auf einem weiteren, ganz trockenen Handtuch oder auch einfach auf dem Teppichboden) und ein bis zwei Tage trocknen lassen.
Möchtet Ihr aber Spannung erzeugen (weil zum Beispiel ein Tuch ordentlich an Größe gewinnen, oder sich ein Muster vernünftig entfalten soll), benötigt Ihr praktischerweise ein wenig Zubehör:
Strickstücke spannen – Spannmatten, Nadeln & Co.
Auf Bild (1) seht Ihr die Spannmatten von Cocoknits, Kammnadeln, zwei verschiedene Sorten Spanndrähte (einmal von Lazadas und einmal von Knit Pro) und T-Nadeln. (2) Spannmatten dienen ganz einfach als Unterlage. Sie lassen sich i.d.R. zusammen “puzzeln” und bieten die Möglichkeit, die Strückstücke fest zu pinnen.
Es gibt Spannmatten in allen Preisklassen. Das einfachste sind Buchstaben-Puzzlematten für Kinder, die Ihr im Spielwarenhandel findet oder sogar zu Hause habt, wenn Ihr Kinder habt. Es gibt im Internet Berichte über das Abfärben dieser Puzzlematten, ich selbst hatte sie aber schon jahrelang zum Spannen in Gebrauch und das einzige was mich wirklich sehr genervt hat ist, dass ich permanent diese verflixten Buchstaben und Zahlen wieder einpuzzeln musste.
Wenn Ihr also diese Matten nicht zu Hause und sowieso auch keine Kinder habt, die Freude an Buchstabenbepuzzeln haben, würde ich Euch direkt die Anschaffung richtiger Spannmatten empfehlen. Wir haben im Shop sowohl die Spannmatten von Cocoknits als auch die von Knit Pro. Das Set von Cocoknits ist insgesamt kostspieliger, enthält aber auch deutlich mehr und ist viel hübscher, wenn ich das mal so ganz unvoreingenommen einfach schreiben darf. Es ist aber eine Investition, die sich nur lohnt, wenn Ihr auch künftig weitere Strickprojekte spannen möchtet.
Kammnadeln und T-Nadeln zu fixieren der Strickstücke
Auf den Bildern (3) und (4) steckt Sandra das Tuch auf den Matten mit den sogenannten “Kammnadeln” fest. Wir haben die bunten und die einfarbig, weiße Variante der Kammnadeln im Shop. Reine Geschmacksache, ich hab beide, denn eine Packung reichte mir irgendwann einfach nicht mehr aus. Die Kammnadeln haben gegenüber den einfachen T-Nadeln den Vorteil, dass sie eben gleich ein ganzes Stück feststecken lassen und sich Spannung so gleichmäßiger erzeugen lässt, wodurch weniger/keine Beulen entstehen.
Die Verwendung von Spanndrähten
Die Bilder (5) bis (7) demonstrieren den Gebrauch der Spanndrähte. Sie werden sorgfältig in den Rand des Strickstückes “eingefädelt”, um so dann ganz gleichmäßig Zug auf eine ganze Seite auszuüben. Die Drähte werden dann auf den Matten mithilfe der T-Nadeln festgesteckt.
Spanndrähte gibt es auch in vielen Varianten, die Drähte von Knit Pro haben wir schon jahrelang in Gebrauch, sie sind super! “Spann”-Anfängern empfehlen wir diese. Die Drähte von Lazadas sind noch flexibler und somit gerade für das Spannen verschiedenster Formen hilfreicher.
(8) Nun lasst Ihr das Strickstück unter Spannung ein bis zwei Tage (oder je nach Material kann es sogar noch länger dauern) richtig gut durch trocknen.
Uns erreicht außerdem oft die Frage, ob man Strickstücke nach jedem Waschgang neu spannen muss. Unser “Glück” ist, dass Wollsachen in der Regel wenig gewaschen werden müssen, da Wolle eine selbstreinigende Funktion hat und ein Auslüften zum Beispiel ausreichen ist.
Nichtsdestotrotz kommt man manchmal ohne einen erneuten Waschgang nicht aus. Je nach Strickstück wird es notwendig sein, diese nochmals zu spannen. Zum Beispiel Tücher mit Muster, die sich durch das Waschen zu sehr zusammengezogen haben. Glatt rechts gestrickte Pullover könnt ihr in der Regel hingegen einfach liegend trocknen lassen.
Zubehör zum Waschen und Spannen
Einen Überblick über alles Zubehör, welches Ihr Euch zum Waschen und Spannen anschaffen könnt, findet Ihr hier im Shop bei “Zubehör” gefiltert nach “Waschen und Spannen”.
Pflegeseifen haben wir zwei verschiedene für Euch im Angebot. Und diese wiederum haben jeweils mehrere Duftrichtungen zur Auswahl, so dass Ihr immer wieder herumprobieren könnt, was Euch am meisten liegt.
Welches Waschmittel verwenden?
Beide Waschmittel, Eucalan und Wool Soap (letzteres haben wir auch als Seifenstück im Angebot), enthalten einen natürlichen Lanolinanteil und reinigen das Strickstück auf besonders schonende und umweltfreundliche Weise. Sie sind biologisch abbaubar und ganz frei von Phosphaten. Probiert sie aus und findet Eure Vorliebe heraus.
Zum Spannen von Socken findet Ihr im Shop die Sockenspanner in allen Größen.
Für größere Strickstücke benötigt Ihr über kurz oder lang eine passende Unterlage, darüber habe ich oben schon ausführlich geschrieben. Neben herkömmlichen Spielematten gibt es richtige Spannmatten von Knit Pro oder von Cocoknits.
Um die Strickstücke richtig unter Spannung zu setzen, gibt es rostfreie Spanndrähte. Gerade für Tücher sind sie unheimlich praktisch und lohnen sich in der Anschaffung. Wie empfehlen Anfängern die Drähte von Knit Pro, da sie in der Handhabung etwas einfacher sind. Für Lacetücher oder Strickstücke anderer Formen sind die Drähte von Lazadas noch besser geeignet, da sie noch flexibler sind.
Must Have: T-Nadeln! Diese benötigt Ihr unbedingt, um das Stück, das sich dann auf den Drähten befindet, auch auf den Matten zu befestigen. Im Spannadel-Set von Knit Pro sind einige T-Nadeln enthalten, kauft Euch aber praktischerweise trotzdem gleich noch ein kleines Päckchen dazu. T-Nadeln sind nicht zu ersetzen mit Stecknadeln, denn Stecknadeln können schnell rosten. Da Euer Strickstück auf den Matten trocknet, also noch feucht ist, möchtet Ihr Rost unbedingt vermeiden!
Neben den einfachen T-Nadeln gibt es von Knit Pro auch noch diese Kammnadeln:
Die braucht man nicht unbedingt, aber wenn man sie mal hat, möchte man sie nicht mehr missen. Mithilfe der Kammnadeln lassen sich gerade Kanten gleichmäßiger unter Spannung setzen. Wir haben beide Varianten im Shop: Einfarbig und Bunt.
Wie lassen sich Schneiderpuppen nutzen?
Zu guter Letzt: Auch auf der Puppe kann man Pullis und Cardigans unter Umständen in Form trocknen lassen. Achtung: das ist nicht geeignet für besonders schwere Stücke, die hängen dann gern am Ende des Tages auf dem Boden. Aber für leichtere Teile ist es möglich und auch das Fixieren mit T- oder Kammnadeln geht prima: Professionelle Schneiderpuppen findet Ihr auch bei uns im Shop, sie sind nur nicht immer in allen Größen verfügbar.
Mithilfe der Email-Funktion könnt Ihr Euch aber bei Nachschub immer benachrichtigen lassen.
6 Kommentare
Bisher habe ich nur einen Schal gespannt, der dadurch eindeutig gewonnen hat. Nun ist der erste Pulli fertig, bzw. bisher nur die Einzelteile. Es stellt sich mir die Frage, ob ich die zusammengenähten Ärmel erst spannen sollte bevor ich sie am zusammengenähten Vorder- und Rückenteil ( dann natürlich auch gespannt) einnähe ? Sie würden an Breite gewinnen.
Liebe Martina, wir würden dir empfehlen, die Teile erst zusammenzunähen und dann den gesamten Pulli zu waschen und in Form zu spannen. Bitte schau aber noch einmal in die Anleitung, wie der Pullover gespannt werden soll. Oft streicht man die fertigen Stücke nach dem Waschen (hier bitte Handwäsche wählen) nur in Form und fixiert das fertige Stück dann z.B. mit Kammnadeln. Wenn die Teile nun aber beim Nähen nicht richtig zusammenpassen, wäre es auch eine Möglichkeit, sie einzeln zu waschen und zu spannen und dann zusammenzunähen. Allerdings musst du dann wirklich genau spannen, damit hinterher auch wirklich alles richtig zusammenpasst. Es kommt auch immer ein bisschen auf der gewählte Muster und das dazugehörige Garn an. Kurz: Falls möglich, würde ich sagen, dass du erst nähst und dann wäschst und spannst. 🙂 Viele Grüße und viel Erfolg! Sophia
Das Spannen von Strickstücken ist vergleichbar mit dem Bügeln von Genähtem. Nicht sehr beliebt, aber du erhältst ein besseres (perfektes) Ergebnis.☺️ LG Delia
Liebes Maschenfein-Team,
ich habe das Spannen 1x gemacht….und es hat mir gereicht. Danach bin ich zur Chem. Reinigung meines Vertrauens gegangen – keine Kette, inhabergeführt- und habe meine Stola dort abgegeben. Kein Problem, kam “sonderbehandelt” in einwandfreien Zustand zurück (Kostenpunkt: 20 €) aber man macht das -wie oben beschrieben, ja nicht ständig.
Dann hat man mir in der Reinigung noch den Tipp gegeben, man kann auch ein Babyshampoo nehmen, denn was ist Wolle anderes als Haar….Was ich an mein Gesicht und die Haare lasse, kann ich auch der Wolle antun. Einleuchtend.
Da das Spannen eher eine Wissenschaft für sich ist und ich kein Permanent Stricker bin, wie wahrscheinlich viele Andere auch, ist das der Königsweg, wenn Spannen ein Graus ist 😉
LG aus Wuppertal,
Daniela Hofmann
” Und muss man das etwa nach jeder Wäsche tun?”
Schade wenn die Frage aus der Überschrift im ganzen Artikel nicht beantwortet oder auch nur angesprochen wird…
Liebe Daniela, danke für deinen Kommentar. Stimmt – der Punkt ist tatsächlich untergegangen. Ich werde ihn ergänzen. 🙂 Grundsätzlich muss man Strickstück nicht so oft waschen wie normale Wäsche. Oft reicht ein Auslüften des Strickstücks, da Wolle eine selbstreinigende Funktion hat. Natürlich kommt man trotzdem ab und zu nicht um eine weitere Wäsche herum. Je nach Strickstück und Muster musst du dann wieder spannen, wenn sich dein Kleidungsstück wieder zu sehr zusammengezogen hat. Ich persönlich spanne Tücher noch einmal (zum Beispiel unser Elara-Tuch, das unter Spannung trocknen soll), klassische Basicpullis in glatt rechts hingegen nicht. Es ist, wie so oft, eine Einzelfall-Entscheidung. Liebe Grüße und weiterhin viel Spaß beim Stricken! Sophia